Schluckstörungen – Welche Rolle spielen Konsistenz und Textur?

Konsistenzen sind wichtig bei Schluckstörungen. Texturen sind darüber hinaus verantwortlich für Freude am Essen.

Wenn man unter Logopäd:innen in der Schluckstörungen-Szene rumfragt, hört man viel von Konsistenzen. Man ist froh, IDDSI zu haben – eine internationale Nomenklatur für eben diese Konsistenzen. Schwört auf angepasste Stufen von Flüssigkeiten.

Und ja: In der Neurologie ist das sehr wichtig. Flüssigkeiten zeigen sich gerade hier als ein Problem beim Schlucken. Sicher ist auch, dass Logopäd:innen in der Neurologie eine sehr hohe therapeutische Präsenz haben.

Die Fixierung auf Konsistenzen ist allerdings schade, und das sage ich als Logopäde der seine Wurzeln in der Neurologie hat!

Ein Gastbeitrag von Logopäde Alexander Fillbrandt.

Löffelweiche Mozarttorte von Marvella

Mai 15, 2023

Fixierung auf Konsistenzen bei Schluckstörungen und Kaustörungen

Dafür gibt zwei Gründe. Wenn man neu ist in der Behandlung von Menschen mit Schluckstörungen und seine ersten Schritte in der Neurologie macht (aber auch wenn man schon lange dort arbeitet) verliert man ein bisschen den Blick dafür, dass es auch andere Arten von Schluckstörungen gibt. Allein der Begriff ist zu eng gefasst. In anderen medizinischen Bereichen finden sich ebenfalls Schluckstörungen und Kaustörungen. (Dass es bei Kaustörungen irgendwie auch um Konsistenzen geht, erscheint an dieser Stelle ein bisschen witzig.)

Schluck- und Kaustörungen sind in ihren Auswirkungen vergleichbar aber unterscheiden sich auch gerade in Bezug auf die Konsistenzen. Wo in der Neurologie Getränke oft dickflüssiger gemacht werden, müssen bei Menschen in der Onkologie oder Geriatrie die Speisen oftmals eher flüssiger gemacht werden.

Außerdem - und das ist der zweite Grund - sorgen Anpassungen an der Konsistenz leider häufig dazu, dass Texturen zerstört werden.

Texturen bei Speisen und Getränken?

Oh ja! Texturen sind das, was wir alle beim Kauen und Schmecken spüren. Fasern, Krümel, Stückchen, Oberflächen ... all das löst auf der Zunge und am Gaumen Reize aus. Die meisten davon machen uns beim Essen und Trinken Spaß. Aber sie haben auch eine physiologische Daseinsberechtigung: Sie helfen unseren Schluckzentren dabei, Entscheidungen zu treffen.

Dazu müssen wir ein bisschen genauer auf das Schlucken schauen.

Sobald wir etwas Speise im Mund haben, beginnt unser Körper damit, diese zu analysieren. Wir nennen das Schmecken. Nur wird nicht nur der Geschmack identifiziert um zu entscheiden, ob es mit dem Schluckablauf weiter gehen soll. Auch die Temperatur wird ermittelt. Ob Gräten oder Härchen im Essen sind können unsere Zähne sehr gut herausfinden. Und auch: Wie groß ist der Bissen und wie ist er beschaffen. Das alles passiert bewusst, also eher aktiv.

Im weiteren Verlauf des Schluckablaufs muss sich die Speiseröhre öffnen - eigentlich wird sie geöffnet. Aber wie weit und wie lange muss diese Öffnung sein? Genau - das entscheidet sich anhand der Menge und Beschaffenheit des Bolus, also des gekauten Speisebreis im Mund. Dieser Ablauf ist von uns nicht mehr bewusst kontrollierbar. Es passiert einfach, so wie Atmen und Herzschlag auch passieren, ohne dass wir das aktiv steuern müssen.

Man könnte es sehr vereinfacht darstellen und sagen: Die Konsistenz entscheidet über darüber, wie schnell der Schluck passieren kann und die Textur entscheidet darüber, wie lang der Teil dauert, den wir nicht mehr kontrollieren können. Noch abstrakter könnte man sagen, dass Texturen helfen, einen Schluck erfolgreicher zu machen, während Konsistenzen ihn eher sicherer machen.

Erfolg, Sicherheit und Spaß beim Schlucken

Erfolg und Sicherheit sind übrigens die zwei wichtigen Aufgaben des Schluckens, wenn man es rein medizinisch betrachtet. Aber dann würde Essen und Trinken keinen Spaß machen. Dann müssten wir nicht ins Caféhaus gehen.

Zum Glück sorgen Texturen und Geschmack dafür, dass uns das Essen gelingt, dass das Schlucken funktioniert; aber in einem ganz erheblichen Maß auch dafür, dass es uns Spaß macht.

 

Die Marvella-Torten für Kau- und Schluckstörungen bieten einen aus logopädischer Sicht tollen Mittelweg. Sie sind auf der einen Seite von einheitlicher Konsistenz, bieten aber trotzdem unterschiedliche Texturen. Gerade die Marillentorte: bekannter Geschmack, konsistente Konsistenz und spannende Texturen - eine perfekte Kombination.

 

Wir danken dem Autor für den Beitrag!

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